Geile Zeit
Manche Dinge muss man eben dem Zufall überlassen und wenn
ich Zufall sage meine ich die anderen ich hasse es etwas den anderen zu
überlassen. Meine Schritte haben Strategie. Ich konstruiere alles.
Dieses aufs Herz schauen gehört auch zum Projekt dazu, zum
Denken und Reden. Und planen.
Und vielleicht bin ich mit 26 einfach nicht mehr so geil wie
damals mit 19, 20, als ich noch dünn war und Drogen genommen und noch kein Yoga
gemacht habe. Vielleicht war ich noch geiler als ich um 2 in der Früh
fortgegangen bin zu einem Booty Call der mir von seinen Zielen und Träumen
erzählt hat und dem ich von meinen Zielen und Träumen erzählt habe, als ich schon
zwei Flaschen Wein getrunken hatte und wir in der Wanne gelegen sind, mit
meinem Fuß zwischen seinen Schenkeln. Und vielleicht war ich geiler als er mich
füttern konnte, weil ich so betrunken war, dass ich nicht mehr reden konnte und
ganz süß in der Küche eingeschlafen war.
Vielleicht war ich geiler als ich noch dein Lieblingsalbum
rauf und runter gehört hab um dir nahe zu sein aber das tue ich immer noch bei
anderen Alben nur erzähle ich‘s nicht mehr, weil es diesmal wirklich was
bedeutet.
Und die wichtigen Konzerte sind die, auf denen wir schon
waren und nicht die, auf die wir noch gehen werden.
Und vielleicht war ich geiler als ich noch auf jeder Party
war und nicht mehr jetzt, da ich bei jeder U-Bahnstation, da ich bei jeder
U-Bahn Station, aus dem Fenster sehe und mich frage ob du dort wartest, ob du
dort aussteigst, ob du dort einsteigst, um in die Arbeit zu fahren, um zur Uni
zu fahren, um nachhause zu fahren zu deinem Gspusi.
Vielleicht war ich geiler als ich noch dachte, dass Gspusi
ein süßes Wort wäre und nicht einfach Affäre bedeutete oder es vielleicht
hinterfragt aber nicht erfragt habe.
Vielleicht war ich geiler als ich generell wenige Fragen
gestellt und viele Antworten gegeben habe. Wobei, viel gefragt hast du ja nie.
Du wolltest mich immer, jetzt in dem Moment, und du wolltest wissen, ob ich dich
eh nicht verletzen würde aber ob du mich verletzen würdest, das hast du mich
selten und dich nie gefragt.
Und als ich noch geil war und wenige Fragen gestellt habe,
da hast du gesagt, ich wäre zwar geil aber eben nicht deine Freundin und du
würdest mich nicht küssen vor den anderen.
Und weil ich geil war habe ich gesagt es wäre okay und es
war auch okay, als du dann weg warst und Stunden später fragtest, ob du noch zu
mir könntest, die Party wäre ja doch scheiße gewesen. Und es war okay und ich
wollte nur deine Haut und dein „danke, dass du da bist“ spüren und deine Hände und dein heiß und geil sein. Und dann schliefen wir und ich
dachte mir ich wäre vielleicht doch gut genug für dich auch ohne Versprechen,
auch ohne deine Freundin zu sein...
Eine Freundin sein, da wäre ich schlecht darin, glaubte ich
jedenfalls, weil ich nicht deine sein konnte.
Ich war geil, wenn ich deine Freunde nicht sehen durfte, nur
deine Handykamera, wenn du ein Foto von meinem nackten Körper machen wolltest
während er aufgeheizt und sehnsüchtig auf deinem Bett lag.
Ich war geil, wenn du in Afrika an mich dachtest und an die Küsse
und an das Foto und mir dann schriebst, dass du mich vermissen würdest, weil du
weit weg warst und wir nicht genug darüber geredet hätten, was zwischen uns
gewesen war.
Und ich wollte geil sein und sagte nicht, dass du mein Herz
gebrochen hattest mit dem Nicht-reden, dass du mein Herz gebrochen hattest mit
deinen Zwischenküssen und der einen Kette, die du mir aus Mosambik mitgebracht
hattest bevor du wieder weggingst.
Und als du wieder zurück warst, fragtest du mich, ob ich zu
schnell vertrauen würde zu schnell in Beziehungen wäre. Und ich dachte mir,
meine Beziehungen hätten mich vor dir gerettet.
Ich war geil als ich dich betrogen habe mit meinen roten Lippen und meinen kleinen Geschichten und meiner konstruierten Wahrheit.
Ich war geil als der andere an mir vorbeiging und mir eine
Mandarine anbot und in Reimen flirtete und wir nebeneinandersaßen und ich ein
Gedicht über ihn schrieb.
Ich war geil als ich aufgetakelt bei der Party dir den Blick
zuwarf, den ich trainiert hatte um dir zu zeigen, dass ich über dich hinweg war.
Ich war wieder geil als du mich anriefst und fragtest, wieso ich geweint hätte
und ich dir sagte, dass er, der andere, der Grund dafür wäre.
Und ich war wieder geil als wir uns Jahre danach wieder küssten
und du glaubtest, dass ich wieder 19,20 wäre und wieder keine Fragen stellen würde.
Und du glaubtest ich hätte auf dich gewartet, geil und heiß, und dass ich
wieder fotografiert werden wollte und dass ich dich sicher machen könnte, dass
ich dir zuhören und auf deine Konzerte gehen und deine Filme sehen würde und
dir sagen würde ich hätte wirklich zu schnell vertraut und eigentlich immer nur
dir vertrauen wollen.
Und als ich dir dann sagte, dass ich das nicht mehr wollte,
da war ich plötzlich wieder allein und nicht geil und nicht mehr 19,20, sondern
irgendwie erwachsen und über dich hinweg und ich hoffe, du wirst es auch einmal
sein.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen